Matthias Maaß

600 Schläfer (14.6.2003)

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Die Idee, Konzeption und Umsetzung basiert auf einer Kooperation zwischen der Matthias Maaß Collection und der ARTTRD.

Dein ARTTRD Team aus Heidelberg



Kurzinfo

Künstler

Titel

Jahr

Material / Technik

Größe

Epoche / Stil

Werksverzeichnis

Matthias Maaß

600 Schläfer (14.6.2003)

14.6.2003

Tusche auf Papier

40 x 29,6 cm

Contemporary / Art Brut

NLM-2003-6.14

Über „600 Schläfer (14.6.2003)“

Das Rasterbild „600 Schläfer“ zeigt in abstrakter Form 600 im Bett liegende Figuren. Sie wirken comichaft- ein stilisierter Körper, simple Formen und minimale Unterscheidungen von Figur zu Figur. Sie liegen auf schlichten Betten, alle mit dem Kopf nach rechts, die Füße nach links.

Es entsteht beim Betrachten direkt die Frage, weshalb ein Künstler solch eine Masse an ruhenden Körpern darstellen will. Die Darstellung im Bett suggeriert, dass es sich hier um das allabendliche zur Ruhe legen handelt und nicht etwa das müde Einschlafen vor dem Fernseher. Was fasziniert Matthias Maaß an den Schlafenden oder dem Akt des Schlafens? Welchen Stellenwert hat für ihn der eigene Schlaf als getriebener, immerzu arbeitender Künstler?

Eine ähnliche Motivik wählte er 12 Jahre später für sein Rasterbild „200 Faulpelze“. Hatte sich seine Einstellung zu ruhenden Körpern oder der eigenen inneren Ruhe nun verändert?

“600 Schläfer (14.6.2003)” lässt sich der Motivgruppe “Rasterbilder” zuordnen.

Rasterbilder

Die Werkgruppe der Rasterbilder: diese zeichnen sich durch die typische Rasterung aus, in der sich das immer gleiche Motiv zigfach wiederholt wird. Die Raster mit ihrem strukturgebenden Halt waren für Maaß eine Möglichkeit, sich durch ewiges Wiederholen meditativ zu versenken und Ruhe zu finden. Dabei geht es inhaltlich auch immer wieder um Ereignisse, die ihm wichtig waren:

Dinge, die er durch das Fernsehen oder das Radio mitbekam, historische Ereignisse oder auch ganz skurrile Eingebungen, die oftmals sehr persönlich waren und etwas mit seinem Leben zu tun hatten. Technisch betrachtet entsteht durch das immer wieder neue Ansetzen der Feder mit frischem Schwarz und das Abarbeiten der Tusche im Verlauf der Reihen hin zu verblichenen Grauwerten, insbesondere bei den sehr großen Blättern, ein faszinierendes grafisches Muster von großer Rhythmik und einer fast abstrakten

Matthias Maaß

Matthias Maaß ist 1958 in Heidelberg geboren. Nach dem halbjährigen Versuch eines Studiums durchlebt er mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie, wo er zunächst aus therapeutischen Aspekten zum Zeichnen angeregt wird. Hieraus entwickelt sich bald ein eigener Stil und Maaß kann in den 80er Jahren erste Ausstellungserfolge verzeichnen, u.a. in der Städtischen Galerie Schwäbisch Hall, damals unter der Leitung von Rainer René Mueller, der ein wichtiger Freund und Förderer wird.

Maaß war bekannt als ein Künstler, der beinahe unermüdlich gearbeitet hat. „Nulla dies sine linea – kein Tag ohne Linie“, diesen Satz aus der Historie Naturalis von Plinius hatte Paul Klee 1938 in seinen Euvrekatalog unter die Zeichnung ,Süchtig‘ notiert – diesem Credo „jeden Tag ein Bild“ zu schaffen folgte auch Matthias Maaß.

Und das muss man sich weniger vorstellen, wie jemand, der sich in festen Zeiten dazu entschließt, in strukturierten Abläufen zu schaffen, sondern eher wie einen Künstler, den Ideen und Inspirationen gepackt haben und der in Serien, zum Teil eine ganze Nacht hindurch wie ein Getriebener gezeichnet hat – ein Umstand, der sich in oftmals präziser Notation von Datum und Uhrzeit auf dem Papier niederschlägt.

Maaß‘ Arbeitsweise zeugt von schnellen, aber ganz entschiedenen Gesten. Die Linien, die er auf Papier setzte, waren zunächst immer eher abstrakte, arabeske Gebilde, aus denen sich dann wie selbstverständlich Figuren, Köpfe, ganze Szenerien herauskristallisieren – beinahe als wären diese immer schon da gewesen. Zu den Tuschezeichnungen setzte er gerne Akzente mit Aquarellfarben, die oft nass in nass aufgetragen wurden, und spannungsreiche Kontraste zu den dezidierten Konturen der Tuschelinien bilden.

Interessant ist sicherlich auch noch, dass das Zeichnen selbst für ihn durchaus ein Akt physischer Anstrengung war, erkennen kann man dies an den Verläufen der Linien, die oft eckig und kantig, nie vollkommen flüssig sind und offenbar in Auseinandersetzung mit dem Widerstand des Papiergrundes ihre Bahnen ziehen. 

Technisch gesehen war Maaß ein Autodidakt, er hat sich seine Fähigkeiten über viele Jahre hinweg selbst erarbeitet, indem er immer wieder zeichnete und durch diese Kontinuität einen ganz eigenen Stil entwickeln konnte, dessen charakteristische Merkmale sich anhand einiger Werkgruppen nachvollziehen: Tages- und Kopfbilder, Rasterbilder, Tuschezeichnung, Kohlezeichnung, Tusche-Zeichnungen mit Aquarell.

Maaß sah sich selbst als Forscher und Suchenden. Seine Bilder besitzen eine kontemplative Aura, ein eigenes Mysterium und offenbaren bei jedem Betrachten neue Ebenen der Wahrnehmung.

Sein zeichnerisches Schaffen war facettenreich. Während seine „Tagesbilder“ eher eine Dokumentation seiner aktuellen Gefühlswelt darstellten, resultierten seine komplexeren Rasterbilder aus wochenlanger Auseinandersetzung mit tiefgründigen Themen.

Bekannt war Maaß auch für seine Psychiatrie-Erfahrung. Einige seiner Werke, darunter das beeindruckende Gemälde „Das Toten-mahl“ von 1992, befinden sich in der Sammlung Prinzhorn am Heidelberger Universitätsklinikum.

Mit erstaunlicher Ausdauer und Intensität schuf er Werke, die oft in nächtlichen Serien entstanden und den Betrachter in unergründliche Innenwelten entführten.

Leider verstarb Matthias Maaß am 18. Mai 2019. Doch sein reichhaltiges, tiefgründiges und vielfältiges Werk bleibt und zieht den achtsamen Betrachter immer wieder aufs Neue in seinen Bann.